Den Betrieb übernehmen. Einstieg in Transformation? «Besetzen, Widerstand leisten, produzieren»

Internationale Konferenz der Rosa Luxemburg Stiftung in Berlin vom 3.-5. November 2011

Auf der Konferenz diskutieren internationale ExpertInnen über Betriebsübernahmen durch Belegschaften, Vergesellschaftung und Demokratisierung von Wirtschaft und Produktion. Sämtliche Beiträge sind nun als Videomitschnitte online verfügbar (siehe weblinks am Ende dieses Texts)

Als Reaktion auf Neoliberalismus und Wirtschaftskrise(n) sind vielerorts Betriebe besetzt und die Produktion von der Belegschaft übernommen worden (Lateinamerika, USA, GB, Kannada etc.) Produktionsgenossenschaften nehmen zu und bilden internationale Netzwerke, um so eine Solidarische Ökonomie als Teil gesellschaftlicher Transformation zu entwickeln. Das Eigentum an Produktionsmitteln ist eine zentrale gesellschaftliche Machtachse, um die in gesellschaftlichen Transformationsprozessen – innerhalb des Kapitalismus und erst recht über ihn hinaus – gerungen wird. Die Privatförmigkeit der Unternehmen vermittelt alltäglich die Erfahrung, dass demokratische Entscheidungen dem Privateigentum untergeordnet sind. Die Veränderung von Kräfteverhältnissen hängt wesentlich davon ab, wie und ob es gelingt, diese Macht einzudämmen und umzugestalten, die systematische Herstellung von Ungleichheiten zu mindern und Mittel für die freie Entwicklung Aller und eines/r Jeden zu entwickeln. Die Frage von Vergesellschaftung/Verstaatlichung, Forderungen nach Belegschaftseigentum und Selbstverwaltung sind mit der gegenwärtigen Krise mit neuer Vehemenz gestellt worden. DIE LINKE hat sie – umstritten – in ihren Programmentwurf aufgenommen, in den Krisenprotesten werden diese Forderungen erhoben – ohne dass konzeptionelle Klarheit zu bestehen scheint, etwa: wie sich Vergesellschaftung und Verstaatlichung unterscheiden könnten, wie lokale und auf einzelne Unternehmen bezogene Demokratisierungsprozesse mit allgemein-gesellschaftlichen und globalen zu vermitteln sind, wie selbst verwaltete oder eigene Betriebe den Zwängen von globaler Produktion und Konkurrenz begegnen können. Auf der Konferenz sollen historische und aktuelle Erfahrungen und Konzepte ausgewertet werden. Fragen rund um die Themen Belegschaftseigentum und selbstverwaltete Betriebe stehen im Zentrum der Konferenz:

Welche Potenziale sind mit der Verstaatlichung oder der Vergesellschaftung von Produktionsmitteln verbunden, welche Gefahren? Sind Genossenschaftsbetriebe und Kooperativen ein Weg zur Beförderung von Demokratie am Arbeitsplatz? Sind
Betriebsübernahmen und Gründungen von Betrieben in Belegschaftshand ein Weg, ökonomischen Krisen zu begegnen? Welche Rolle spielen Gewerkschaften, wie werden die Ansätze in Gewerkschaften diskutiert, gibt es neue Konzepte? Welchen Stellenwert haben diese Fragen für linke, auf Transformation gerichtete Politik?

Donnerstag — 03. NOVEMBER 2011

18:00 Eröffnungspodium «Den Betrieb übernehmen» – Von Krisenbearbeitung zu gesellschaftlicher Transformation mit Elmar Altvater (Freie Universität Berlin), Ulla Lötzer (MdB DIE LINKE), Rick Wolff (Universität Massachusetts), Gisela Notz (freie Autorin, ehem. Friedrich-Ebert-Stiftung). Moderation und Einleitung: Christina Kaindl (Rosa-Luxemburg-Stiftung)

Freitag — 04. November 2011

10:00–12:30 Wirtschaftsdemokratie lokal, regional, international – Konzepte und Herausforderungen mit Alex DemiroviC´ (Institut für Gesellschafts-analyse, RLS), Heinz Bierbaum (stellvertr. Vorsitzender DIE LINKE), Sonia Buglione (freie Autorin, RLS-Büro Brüssel), Ulla Plener (Leibniz-Sozietät, Berlin). Moderation: Michael Popp (wiss. Mitarbeit. Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, angefragt)

14:00–17:00 Gewerkschaften und Betriebsübernahmen/Genossenschaften mit Herbert Klemisch und Kerstin Sack (Klaus-Novy-Institut), Walter Vogt (IG Metall), Immanuel Ness (City University of New York), Carl Davidson (United Steel Workers, USA). Moderation: Dario Azzellini (Universität Linz)

18:00–20:30 Transformation nach der Transformation: DDR, Kollektiv-Bewegung, Jugoslawien, Kuba mit Jörg Roesler (Wirtschaftshistoriker, Universität der Künste), Birgit Daiber (RLS-Büro Brüssel), Goran Music (Universität Bologna),
Camila Piñeiro Harnecker (Universität Havanna, Cuba). Moderation: Boris Kanzleiter (RLS-Büro Belgrad)

Samstag — 05. November 2011
10:00–12:30 Fit für den Markt oder den Markt überwinden? Widersprüche von Genossenschaften & Belegschaftsbetrieben und ihre Bearbeitung mit Tim Hunt (red pepper, UK), Bernd Röttger (freier Autor und Politikwissenschaftler), Dario Azzellini (Universität Linz), Marina Sitrin (City University of New York). Moderation: Catharina Schmalstieg (Universität Jena/Redaktion LuXemburg)

13:30–16:00 Solidarische Ökonomie im Aufbruch mit Jessica Gordon Nembhard (Solidarity Economy Network), Rainer Schlüter (freier Autor, RLS Brüssel), Carl Davidson (Committee of Corr espondence for Democracy and Socialism, USA). Moder ation: Malte Daniljuk (RLS)

16:30–18:00 Abschlussplenum: Eigentum transformieren mit Jessica Gordon Nembhard, Camila Piñeiro Harnecker, Heinz Bierbaum. Moderation: Alex DemiroviC´