Rätedemokratie oder das Ende der Politik

Ansprache eines Mitgliedes des Arbeiter- und Sodatenrates vor dem Reichstagsgebäude November 1918 (Quelle: Bundesarchiv/Wikipedia)

In der Novemberrevolution, deren 90jähriges Jubiläum dieses Jahr gefeiert wird, konnten die Linke und die deutsche Gesellschaft wählen zwischen Sozialismus, der auf die Einheit von Politik und Produktionsverhältnissen in Gestalt einer Rätedemokratie zielte, und Sozialdemokratie, die auf die Herstellung der parlamentarischen, repräsentativen, liberalen Demokratie zielte, die die Emanzipation in der Durchsetzung formaler Gleichheits‐ und Freiheitsrechte, also in der Überwindung der Feudalität und der Herstellung der Trennung von Markt und politischer Sphäre sah. Das Scheitern der sozialistischen Revolution in Deutschland gab gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen Raum, die zu enormer Kapitalmacht führten und massgeblich zu einer autoritären Lösung der Weltwirtschaftskrise nach 1929 beitrugen. Die liberale, repräsentative Demokratie konnte solchen autoritären Tendenzen nicht nur nichts entgegensetzen, vielmehr wurde aus der Mitte des demokratisch gewählten Parlaments heraus und von den bürgerlichen Parteien getragen die Entscheidung für einen von den Nationalsozialisten regierten autoritären Ausnahmestaat getroffen. Wie wenig geeignet die liberale Demokratie ist, autoritären Tendenzen entgegenzutreten, wurde in den vergangenen Jahren von der US‐Regierung unter George W. Bush demonstriert. Aber es sind nicht nur die USA, für die eine Schwächung, wenn nicht sogar Aushöhlung der parlamentarischen Demokratie beobachtet wurde. Wieder einmal wird dies auch in Deutschland beobachtet.