"Die endlich entdeckte politische Form: Fabrikräte und Selbstverwaltung von der Russischen Revolution bis heute"

Rezension

"Die endlich entdeckte politische Form: Fabrikräte und Selbstverwaltung von der Russischen Revolution bis heute"

„Endlich!“, ist man fast geneigt zu sagen: Zum einen, weil die Veröffentlichung dieses Sammelbandes bereits für Dezember 2011 beziehungsweise Januar 2012 vom Verlag angekündigt worden war; zum anderen, weil die letzte umfassende Darstellung von weltweiten Beispielen der Arbeiterdemokratie und Arbeiterselbstverwaltung bereits mehr als 40 Jahre (1971) zurückliegt – damals noch herausgegeben von Ernest Mandel. Ein genauer Blick auf die aktuellen „Dynamiken der Arbeiterkontrolle im neoliberalen Zeitalter“ (16) schien daher längst überfällig. Dario Azzellini, Politikwissenschaftler der Universität Linz, und Immanuel Ness, Professor für Politikwissenschaften an der Universität New York, haben diesen Sammelband in sechs Abschnitte unterteilt, in denen sich die Autorinnen und Autoren auf unterschiedlichste Weise mit „emanzipatorischen Momente[n] in der Geschichte der Arbeiterbewegung“ (10) auseinandersetzen. Während das Einstiegskapitel einen gelungenen Überblick über die jeweiligen theoretischen Debatten bietet und den besonderen politischen Charakter von Fabrik‑ und Arbeiterräten betont, sind die weiteren Teile des Buches den vielseitigen historischen Facetten der Arbeiterselbstverwaltung gewidmet. Die Bandbreite der einzelnen Beiträge reicht dabei von den Arbeiterräten während der Novemberrevolution (Ralf Hoffrogge) und der Arbeiterkontrolle in Java 1945/1946 (Jafar Suryomenggolo) über die Fabrikräte und Arbeiterversammlungen in Italien der 1970er‑Jahre (Patrick Cuninghame) bis hin zu aktuellen Beispielen der Arbeiterkontrolle in Venezuela (Dario Azzellini) und Argentinien (Marina Kabat). Die wesentliche Stärke des Sammelbandes, der ursprünglich unter dem Titel „Ours to Master and to Own. Workers Control from the Commune to the Present“ (2011) erschien, besteht in der Heterogenität der Beiträge sowie der Zusammenführung von zeitgenössischen und historischen Analysen. Das Werk von Azzellini und Ness knüpft an bestehende Diskussionen an und setzt eine Vielzahl neuer Akzente. Es leistet insgesamt einen hervorragenden Beitrag zur neueren Räteforschung.